Vorsicht in der Badesaison!
Contactlinsen und Akanthamöben
Die Temperaturen steigen, die Freibäder öffnen und Pools und Seen laden zum erfrischenden Bad ein. Doch wer Contactlinsen nutzt, sollte diese beim Schwimmen nicht tragen und den Kopf besser über Wasser halten, rät ein Experte der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG). Denn sie sind das größte Risiko für eine Hornhautentzündung mit Akanthamöben – und dieses Risiko wird durch Schwimmen noch einmal gesteigert.
Eine neue Langzeitstudie aus Österreich¹ liefert den Beweis dafür, dass die Akanthamöben-Hornhauentzündung eine seltene Erkrankung, die nur 2 % der Infektionen der Augenhornhaut ausmacht und hauptsächlich bei Contactlinsenträgern vorkommt, durch Schwimmen begünstigt wird. Weil die parasitären Einzeller in der Badesaison noch leichteres Spiel haben – sie tummeln sich bevorzugt in abgestandenem Wasser, treten aber auch in Leitungswasser auf – ist hier erhöhte Vorsicht geboten.
Akanthamöben sind winzige Parasiten, die überall vorkommen und gedeihen – im Boden wie im Wasser, ob frisch oder verschmutzt. „Nisten sich Akanthamöben in der Hornhaut ein, können sie eine schwerwiegende, hartnäckige Entzündung hervorrufen, die sogenannte Akanthamöben-Keratitis“, erklärt Professor Dr. med. Björn Bachmann vom Zentrum für Augenheilkunde an der Universität zu Köln.
Contactlinsen fördern Kleinstverletzungen im Auge
Etwa 90 % aller Menschen, die an einer Akanthamöben-Keratitis erkranken, tragen weiche Contactlinsen. „Die Akanthamöben-Hornhautentzündung ist überhaupt erst in Erscheinung getreten, seit es Contactlinsen gibt“, berichtet Bachmann. Denn weiche Contactlinsen verschlechtern die Sauerstoffversorgung der Hornhaut und machen sie anfälliger für winzige Verletzungen an der Oberfläche. „So können die Parasiten leichter in die Hornhaut eindringen“, erklärt der DOG-Experte.
Eine häufige Infektionsquelle, aus der die Parasiten stammen, ist abgestandenes Wasser, – schlecht gereinigte Pool und ungenügend gechlorte Freibäder, mitunter sogar Leitungswasser, das für die Contactlinsenreinigung verwendet wird „Deshalb sollte man beim Schwimmen keine Contactlinsen tragen“, warnt Bachmann. „Wenn doch, dann bitte nicht untertauchen und dabei womöglich noch die Augen unter Wasser öffnen, ohne eine Taucherbrille zu tragen.“ Der Experte rät zudem, auf eine besonders sorgfältige Hygiene im Umgang mit den Linsen zu achten.
Contactlinsen-Hygiene penibel befolgen
„Das bedeutet: Verschmutzung im Auge vermeiden, nicht die Augen reiben“, erläutert er, „und Contactlinsen niemals mit ungereinigte Fingern entnehmen oder einsetzen.“ Bachmann empfiehlt, Hände zuvor gründlich waschen.
Zur Hygiene gehört auch die Pflege der Contactlinsen: Hauptursache für eine Akanthamöben-Keratitis sei die fehlerhafte Reinigung der Contactlinsen. „Deshalb für die Reinigung kein Leitungswasser verwenden, regelmäßig die Behältnisse wechseln und die Aufbewahrungsflüssigkeit nach den Angaben des Herstellers anwenden und erneuern“, rät Bachmann.
Kommt es zu einer Infektion mit Akanthamöben, macht sich die Erkrankung mit Schmerzen, verschlechtertem Sehvermögen und Rötung der Augen bemerkbar. „Die Schmerzen sind teils auffällig stark“, berichtet der DOG-Experte. „Die Betroffenen sind zudem blendungsempfindlich und kneifen häufig die Augen zu.“ Nach kurzer Zeit zeigt sich eine entzündliche, mitunter auch ringförmige Trübung in der Hornhaut. Der direkte Nachweis der Erreger ist jedoch schwierig, weshalb es häufig zu Fehldiagnosen kommt. „Oft wird die Akanthamöben-Keratitis mit einer Herpesvirus-Infektion verwechselt“, erläutert der Kölner Augenarzt.
An Hornhautzentren wenden
Wer Contactlinsen trägt und innerhalb der ersten Woche nach einem Badeausflug auffällig starke Augenschmerzen sowie eine Rötung entwickelt, sollte nicht zögern und sich sofort in augenärztliche Behandlung begeben, rät Bachmann. „Ist die Hornhaut auffällig, sollte die umgehende Vorstellung in einem Hornhautzentrum erfolgen“, fügt der Augenarzt hinzu. Der Nachweis der Parasiten erfolgt über Abstriche, Gewebeproben, PCR-Untersuchung und Bildgebung.
„Antibiotika alleine helfen gegen die Erkrankung nicht“, betont der DOG-Experte. Man bekämpft die Parasiten mit desinfizierenden Mitteln, mit Antiseptika. „Das kann sehr lange dauern und Monate intensiver Therapie erfordern“, so Bachmann. Zwar ist die Akanthamöben-Keratitis eine vergleichsweise seltene Erkrankung - doch erfordert sie nicht selten eine Hornhauttransplantation.